Zum Start des Schachjahres 2025 habe ich mit dem Mann ein Interview geführt, der für die Kaponieros pausenlos im Hintergrund wichtige Arbeit leistet. Ralf Westerhoff, unser Tausendsassa, schreitet für den Verein ein, sobald es erforderlich ist: Er fährt mit Jugendlichen zu Wettkämpfen, akquiriert Partner, bietet ukrainischen Kindern Schachtraining an, organisiert ein Jugendserienturnier und springt notfalls auch noch für die erste Mannschaft in die Bresche – die Anzahl an Aufgaben, die er erledigt, ist ungemein hoch. Insofern ist es nur folgerichtig, ihn als unseren Captain zu bezeichnen. Und in welche Richtung der Captain das Schiff Kaponier Vechta zu steuern gedenkt, weiß er im Gespräch zu berichten.
Ralf, das Jahr 2024 ist Geschichte. Wie blickst Du auf die vergangenen zwölf Monate zurück?
Ralf: Begonnen hat das letzte Jahr eigentlich mit der letzten Saison. Der Aufstieg in die Verbandsliga hat eine gewisse Aufbruchstimmung nach sich gezogen. Diese wurde im letzten Jahr weitergeführt. Am Ball bleiben heißt jetzt, diese Stimmung weiter in Projekte des Vereins fließen zu lassen. Wir haben viel in 2024 umgesetzt, dies muss weitergehen.
Hängengeblieben bei uns allen ist sicherlich der letzte Spieltag der vergangenen Saison. Wir sind nach Spelle im direkten Duell um den Aufstieg gereist. Am Ende spielten wir nur 4:4 und verpassten damit die Meisterschaft. Wie hast du damals den Mannschaftskampf vor dem Hintergrund der gesamten Saison bewertet?
Ralf: Es fehlte leider die Sahnehaube oder Kirsche oder sonst eine passende Metapher. Beide Teams hatten eine außergewöhnliche Saison gespielt, bei uns fehlte das letzte Quäntchen. Sehr schade, aber sicher kein Beinbruch.
Können wir angesichts des Niveaus in der Landesliga vielleicht fast schon froh sein, den Aufstieg verpasst zu haben?
Ralf: Nein, ich sehe alles sportlich und möchte am Ende gewinnen, aufsteigen und erfolgreich sein. Aber Scheitern an Zielen ist eben auch eine Seite des Sports. Die Landesliga bleibt weiter ein Ziel, wobei ich anfangs der Saison immer erst die Punkte gegen den Abstieg zähle.
Schließlich hat unsere erste Mannschaft ein neues Gesicht bekommen. Duc ist gegangen, mit Klaus Peter, Jürgen und Martin haben wir jedoch drei Spieler hinzugewonnen. Sind wir stärker als letztes Jahr?
Ralf: Ich glaube nicht, dass die Mannschaft ein anderes Gesicht hat. Wir sind eine gute Truppe, echte Kaponieros, das ist es was zählt. Die Neuzugänge sind voll im Team, so wie letztes Jahr jeder voll im Team war und sich mit dem Verein identifiziert hat. Duc vermisse ich schon, aber ich weiß, dass er uns auch vermisst, wenn wir nicht gerade zusammen auf Turnieren sind.
Wohin geht die Reise für unsere Erste?
Ralf: Die Erste hat sich in der Verbandsliga etabliert. Ich mache mir wenig Sorgen. Wer dort aufsteigen will, muss immer auch an Vechta vorbei.
Aber nicht nur die erste Mannschaft ist erfolgreich! Wie jedes Jahr spielen wir mit der zweiten Mannschaft in der Kreisliga. Und die Zwote grüßt gerade von der Tabellenspitze.
Ralf: Die Zweite hat schon öfter die Kreisliga gewonnen, ohne den Aufstieg wahrgenommen zu haben. Inzwischen hat sich der Verein so entwickelt, dass er eine Bezirksklassenmannschaft stellen kann. Die Basis bzw. der Unterbau muss breiter werden, es darf sich aber kein großes Gap zur Ersten auftun. Gerade die Jüngeren sollen möglichst stetig zur Ersten geführt werden.
Der Aufstieg ist in greifbarer Nähe. Nicht nur, weil die zweite Mannschaft Tabellenführer ist, sondern weil der einzige Konkurrent auf die Meisterschaft nur unsere neu gegründete dritte Mannschaft sein könnte.
Ralf: Das ist ein schöner Erfolg für den Verein. Eine zusätzliche Mannschaft und gleich erfolgreich. Vor allem bringen die Spieler immer gute Laune mit. Ein echter Gewinn, ich sollte mich mal beim Mannschaftsführer bedanken.
Um das Kapitel Erwachsenenschach abzuschließen: Was lief 2024 gut und was könnte in diesem Jahr noch ein stückweit besser werden?
Ralf: Es war ein erfolgreiches Jahr, aber es muss immer weiter gehen. Die Trainingsinhalte müssen ausgebaut werden. Dirk wird mehr Eröffnungen lehren, Günter soll uns sein Endspielwissen einflößen. Zudem soll der gesellige Teil wieder in den Vordergrund. Ich denke, ich werde mal Borsch für alle kochen. Meine ukrainische Küche ist inzwischen recht passabel.
Neben dem rein sportlichen Blick gilt es zu erwähnen, dass wir inzwischen mit Vereinsjerseys zu unseren Mannschaftskämpfen und Turnieren fahren. Es scheint sich ein richtiger Vereinsgeist und eine Vereinskultur gebildet zu haben.
Ralf: Ja, das meine ich auch. Wir halten immer zusammen, das muss weiter institutionalisiert werden. Nils hat mit den Jerseys großes geleistet. Unser Logo ist überragend, das beste im Land. Ich trage es mit Stolz auf Turnieren und fühle mich damit nie allein. Es spornt an. Selbst Klaus sieht damit wie ein cooler Typ aus, was er natürlich auch ist.
Wir halten fest: Das Marketing und die Außendarstellung des Vereins sind besser geworden. Und die Arbeit trägt Früchte, denn Schach findet auch endlich bei Unternehmen in der Region Anklang.
Ralf: Für den Verein gilt es in 2025 weiter Partner in der hiesigen Wirtschaft zu finden. Das Möbelhaus Nemann und die Volksbank Vechta haben uns unterstützt. Auch die Bürgerstiftung Vechta oder der Rotary Club sind immer offen, eine gute Jugendarbeit zu fördern. Hinners Hydraulik wird dafür sorgen, dass Druck nicht nur im Zylinder entsteht, sondern auch unsere Kaponierinhos Druck auf dem Brett ausüben können. Schulz Systemtechnik steht wie Nazar für weltweite Aktivität und Qualität. Bestimmt kann man mehr Partner für den Verein finden.
Ein weiteres Highlight war das Jugendserienturnier Ende November am Gymnasium Antonianum. Endlich hat Vechta mal wieder ein Turnier ausgerichtet.
Ralf: Das Turnier war sicher ein Highlight. Auch die Fahrt der Schach-AG am GAV zur Bezirksmannschaftsmeisterschaft war ein Highlight, vor allem für die Schüler. Wir wollen eng mit dem GAV zusammenarbeiten und voneinander profitieren. Das ist mit viel Arbeit verbunden, trägt aber sicher auch Früchte. Nach beiden Terminen haben sich Schüler für das Engagement des Vereins bedankt. Das ist der schönste Lohn für die viele Arbeit. Gerade für die Kleineren müssen wir vor Ort attraktive Angebote verwirklichen.
Apropos Jugend: Unsere Jugendarbeit hat sich breiter aufgestellt. Du trainierst inzwischen auch mit einer kleinen Jugendgruppe. Wie ist es dazu gekommen?
Ralf: Zielgruppe sollten anfangs einfach Anfänger sein, jetzt sind es kleine Kinder, viele mit Migrationshintergrund. Der Verein leistet seinen Beitrag für die Gesellschaft.
Warum ist gerade die Jugendarbeit so wichtig für einen Verein?
Ralf: Die Jugendarbeit ist überlebenswichtig für Vereine. Gerade im Schach sehen wir, wie Vereine mit einer ungesunden Altersstruktur verschwinden. Wir haben, glaube ich, die Kurve noch gerade geschafft. Aus Manfreds Jugendgruppe spielen Daniil und Fabian inzwischen bei den „Großen“. Die Kinder spendeten Fabian spontan Applaus, nachdem ich ihn als „Bezirksblitzmeister“ vorgestellt hatte. Ein wunderbarer Moment. Er dient den Kaponierinhos jetzt als Vorbild.
Und welche Ziele setzt du dir mit den Jugendlichen?
Ralf: Mit den Kleinsten war ich gerade zur Niedersächsischen Meisterschaft. Drei unter den besten 15 des Landes ist für ein halbes Jahr Arbeit gut. Nächstes Jahr wird es noch besser. Aber sobald sie sicher schreiben können und schachlich weiter sind, sollen sie auch klassische Formate spielen. Am liebsten wollen sie jetzt schon.
Wir sind im Jahr 2025. Was bereitet das Schachjahr für den SV Kaponier Vechta?
Ralf: Ich möchte mit mehr Leuten zu Turnieren fahren. Mehr soziale Betätigungen und natürlich ein Jugendturnier, vielleicht noch eins für Erwachsene. Also viel Arbeit. Aber wie sagte es noch Felix Magath: „Es gibt viele Wege zum Erfolg. Ich kenne nur einen: Arbeit.“
Der Spaß wird allerdings auch nicht zu kurz kommen.
Vamos Kaponieros, hasta la victoria!!!
Vielen Dank für das Gespräch!