Nun hat es uns also auch erwischt: Nach sechs teils glücklichen Mannschaftskampfsiegen in Folge unterlagen wir am vergangenen Sonntag dem Hagener SV – und das ziemlich deutlich. Wir reisten mit einer kleinen Hypothek – wir waren leider nur zu siebt – im Gepäck zu den jungen Hagenern, die vor der Saison von uns als Meisterschaftskandidat Nummer eins gehandelt wurden. Dass die Hagener in der Verbandsliga West nicht allein ihre Kreise ziehen, hängt mit einer völlig überraschenden Pleite gegen Union Oldenburg II Anfang Dezember und einer kampflosen 0:8 Niederlage gegen die Schachfreunde aus Spelle zusammen. Doch zu was die Mannschaft um deren bekannten Schachlehrer Karsten Bertram zu leisten imstande ist, zeigten sie zwei Wochen vorher, als sie Hellern II mit 7:1 von den Brettern fegten. Und wir haben ja schon vorweggenommen, dass auch wir am Sonntag nicht den Hauch einer Chance hatten. Doch der Reihe nach: Weil Hagen auch nur mit sieben Mann spielte, floss ein Mannschaftspunkt weniger in die Gleichung ein. In dieser Aufstellung traten wir an: Nazar, Dirk, Duc, Günter, Brett 5 war frei, Christoph, Rainer und Ralf.
Brett 1: Nazar führte die weißen Steine gegen Balint Balazs (2196). Auch wenn unser Youngster klarer Elo-Außenseiter war, machten wir uns wie vor jeder seiner Partien Hoffnung, dass er über sich hinauswächst. Denn an guten Tagen, das wissen wir inzwischen alle, schlägt unser kleiner Kaponierinho auch die großen Fische. Gegen Balazs reichte es aber nicht. 0:1
Brett 2: Nicht merklich schlechter als Hagens erstes Brett ist Kilian Böhning (2180), die Nummer zwei der Hagener. Zum ersten Mal in dieser Saison ging Dirk damit als nominell schlechterer Spieler in die Partie. Bereits im ersten Zug wurde er überrascht: 1. f4 zog Böhning, statt, wie von Dirk erwartet, 1. d4. Schließlich blieb die Partie nahezu ereignisarm. Dirk und Böhning einigten sich quasi zu Beginn des Mittelspiels auf Remis. Zu dem Zeitpunkt stand Dirk zwar besser, er hatte jedoch auch nur noch 20 Minuten auf der Uhr. 0,5:1,5
Dirk (Schwarz) ist merklich besser entwickelt, als sein Gegner. Am entschied sich Dirk jedoch, in Anbetracht der Zeit, Remis anzubieten, welches Böhning annahm.
Brett 3: Unser Mr. 100% Duc spielte mit Weiß gegen Tom Möller (1917), eines der vielen talentierten und hervorragend ausgebildeten Schachkinder der „bertramischen“ Schule. Duc erspielte sich im Vergleich zu seinen vorherigen Mannschaftskampfpartien nicht sofort einen Vorteil aus der Eröffnung heraus. Möller nutzte kleinste Ungenauigkeiten konsequent aus.
Dass junge Schachspieler dank des regelmäßigen Taktiktrainings besonders zu fürchten sind, wenn es taktisch konkret wird, ist hinlänglich bekannt. Möller demonstrierte jedoch, dass er auch strategisch geschult ist. Er schob mit Tempo den h-Bauern nach vorne und verschaffte sich somit Raum am Königsflügel. Außerdem schwächte er Ducs König langfristig.
Ducs Stellung verschlechterte sich leider nach und nach. Am Ende konnte Möller ihn mit einer sehenswerten Kombination Matt setzen. 0,5:2,5
Das forcierte Matt lassen wir euch als kleine Taktikaufgabe hier.
Schwarz setzt Matt in drei!
Brett 4: Günter wählte seinen typischen Aufbau gegen Bertramisch bzw. Jobava London. Und wie wir alle wissen, neigt Günter auch gerne dazu, die Abteilung Attacke furchtlos aus den Ärmeln zu schütteln:
13. g5?! Kann man machen, muss man aber nicht. Günter legt den Schalter auf Offensive um. Führte das zum ersten ganzen Punktgewinn?
…zumindest nicht unmittelbar. Inzwischen steht Günter etwas schlechter. Der schwarze Bauer auf d5 ist schwach, Weiß hat einen Freibauer gebildet und das häufig unterschätzte Läuferpaar, wenngleich sich dieses in der Stellung noch nicht entfalten kann.
Schließlich reichte es auch für Günter „nur“ zu einem halben Punktgewinn. 1:3
Brett 6: Christoph bekam es mit dem Gegner zu tun, der maßgeblich dafür verantwortlich ist, warum in Hagen so viele gute junge Schachspielerinnen und Schachspieler heranwachsen. Gegen Karsten Bertram hatte Christoph leider keine Chance. Auch am sechsten Brett hatten wir das Nachsehen. 1:4
Brett 7: In Rainers Partie hielt sich lange Zeit die Waage, ehe unser Häuptling seinem Gegner Oguzhan Direk immer mehr das Heft des Handelns überließ, was zur Folge hatte, dass Rainer mit einem Minusbauern ins Endspiel gehen musste. Am Ende gab sich Rainer geschlagen, der eine Mehrbauer und aktivere Figuren genügten (siehe Foto). 1:5
Rainer hat vergeblich versucht, seine Stellung zu halten.
Brett 8: An den meisten Brettern waren wir zum Teil sehr deutlich nominell schlechter aufgestellt. Der eklatanteste Unterschied zwischen den Spielstärken lag aber am achten Brett. Hagen meldete Andreas Hoppe nach, der einfach mal schlappe 2121 DWZ vorzuweisen hat. Dagegen scheint unser Teammanager Ralf (1529) ein echter David im Kampf gegen einen Goliath gewesen zu sein. Ralf schlug sich achtbar, zog im Endspiel jedoch den Kürzeren. 1:6
Ralf schlug sich gegen Hopper respektabel.
Eine solche Niederlage tut weh! Wir verlieren den so wichtigen Mannschaftskampf gegen den Hagener SV leider völlig verdient mit 1:6. Den Sonntagvormittag hatten wir uns definitiv anders vorgestellt. Doch was die jungen Hagener aufs Schachbrett zaubern, zeugt von Qualität. Wir lassen uns von der Niederlage aber nicht allzu sehr beirren, putzen den Mund ab und blicken ambitioniert in Richtung April. Am 14.04. empfangen wir Nordhorn Blanke III. Dann hoffentlich wieder in Bestbesetzung oder zumindest mit einer kompletten Mannschaft. Ein Unentschieden reicht uns, um uns in den Showdown gegen Spelle zu bringen. Auf geht’s, Kaponieros!