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Kaponieros on tour

Mehr Licht als Schatten in Bad Pyrmont

Am vergangenen Wochenende nahmen Dirk, Nils und ich am 4. Kurt Pape-Open in Bad Pyrmont teil. Das Turnier findet inzwischen jährlich zu Ehren von Kurt Pape statt, der 49 Jahre lang Vereinsvorsitzender des Hamelner SV gewesen ist. In Summe, da waren wir uns schnell einig, war es ein wiederholungsbedürftiges Schachwochenende. Nicht nur, weil wir in der wohl schönsten Unterkunft der Region nächtigen konnten, einem modernen Ferienhaus in idyllischer Lage, sondern auch weil die Spieltatmosphäre alles bot, was sich das Schachherz wünscht: DGT-Bretter mit Liveübertragung, damit auch noch unsere künftigen Enkelkinder über die bösesten Schnitzer ihrer Großväter lachen können.

Viel Platz und gutes Material: Die Spielatmosphäre im Lindenhof war erstklassig.

Für unseren Newcomer Nils war es die allererste Teilnahme an einem Schachturnier mit DWZ-Auswertung. Entsprechend neu und unbekannt waren die Eindrücke, der Ablauf und das Publikum für ihn. Nils‘ selbst erklärtes Ziel war es, nach dem Turnier eine erste Wertungszahl zu haben. Dafür hätte ihm ein halber Punkt gegen einen Spieler mit einem Rating genügt. Leider kam er aber nur dank einer spielfreien Partie zu einem Punkt.

Seine wohl beste Leistung zeigte der einstige Warhammer-Spieler in der ersten Runde. Lange Zeit hielt er gegen seinen jungen Gegner die Waage, wickelte über einen Leichtfigurentausch in ein vollkommen ausgeglichenes Schwerfigurenendspiel ab.

Nils spielte mit Schwarz und hielt über weite Strecken den Ausgleich.

In diesem aber fehlte Nils noch die Schacherfahrung, um den besagten Ausgleich zu halten.

In dieser Stellung zog Nils fälschlicherweise e4?, vermutlich mit der Idee, die Stellung aufzubrechen und Spiel zu kreieren. Jedoch braucht es das nicht. Deutlich klüger wäre es gewesen, mit f6! die Bauernkette zu stabilisieren und so das Eindringen des Weißspielers in die gegnerische Hälfte – eine Fußballmetapher darf doch erlaubt sein – zu torpedieren. Mit der e4-Idee riss Nils aber die e-Linie auf, es kam zum Austausch zweier Schwerfiguren und plötzlich war die heile Welt nicht mehr in Ordnung.

Die zwei weißen Freibauern können arglos marschieren, das Endspiel ist hoffnungslos verloren für Schwarz,.

Ganz anders verlief es zunächst für Dirk, der mit einer mehr als beachtlichen 3,5/4 Ausbeute ins Turnier gestartet war, darunter ein Remis aus der Position der Stärke gegen FM Bernd Laubsch. Anschließend war Dirk sogar drauf und dran, seinen ersten IM-Skalp gegen den späteren Turniersieger Jonathan Carlstedt einzufahren.

Dirk spielte mit den weißen Steinen und zog hier das sehr bedrohliche Ld6, mit der Idee, den einzigen Verteidiger für das Feld e6 auszuschalten, um so in die gegnerische Hälfte zu infiltrieren. Dirks Stellung verbesserte sich peu a peu.

Nun stehen seine Figuren vollkommen harmonisch. Die Türme visieren den rückständigen Bauern auf e6 weiterhin an, die Läufer kontrollieren wichtige Diagonalen. Carlstedt steht vollkommen passiv und muss darauf hoffen, nicht einzugehen. Vermutlich hätte Dirk diese Stellung gegen viele Gegner seiner Spielstärke mit Leichtigkeit gewonnen. In der Folge opferte er eine Qualität und drückte weiter auf den Sieg.

Wir näheren uns der kritischen Phase: Die weiße Bauernstruktur ist derartig solide, dass ein schwarzer Angriff nahezu unmöglich scheint. Es existiert vermutlich nur eine einzige Ressource, um als Schwarzspieler Gegenspiel zu erzeugen. Wer sieht es? Richtig, es ist b4 mit Öffnung der c- oder a-Linie. Natürlich erspähte Carlstedt dieses Potential und setzte zum Gegenangriff an, der allerdings zu scheitern drohte…

…wenn Dirk in dieser Stellung den Gewinnzug Txb5 nicht übersehen hätte. Stattdessen wickelte er die Türme mit Td7+ ? ab, woraufhin die Partie zugunsten Carlstedt kippte. Wenig später musste Dirk sich geschlagen geben. Wie bitter!

Am Ende landete Dirk im A-Open mit 4,5 Punkten auf einem erfolgreichen 8. Platz, ich wurde mit 3,5 Punkten solider 24. Nils wurde im B-Open 64. Obwohl es sportlich an der einen oder anderen Stelle mit ein wenig mehr Präzision bei uns allen hätte besser laufen können, sind wir hochzufrieden nach Hause gefahren. Fest vorgenommen haben wir uns, auch im nächsten Jahr nach Bad Pyrmont zu fahren. Vielleicht dann auch mit mehr Kaponieros und Kaponierinhos im Gepäck.

Ein Blick in den Turniersaal mit den Spitzenbrettern des A- und B-Open.

Die Turniersieger: IM Jonathan Carlstedt (links) gewann das A-Open, Karl Teille (rechts) das B-Open.

Die Ergebnisse auf chess-results:

Ergebnisse A-Open

Ergebnisse B-Open

Einen Bericht der DEWEZET über das Turnier könnt ihr unter folgendem Link lesen:

https://www.dewezet.de/kultur/regional/elfjaehriger-norweger-reist-fuer-pyrmonter-schachturnier-nach-deutschland-YGPLCTJJANBJHAYG2WUHVEF4CU.html

Hier noch ein paar schöne Bilder unserer Unterkunft:

Vielen herzlichen Dank an den Hamelner SV für die die Organisation des tollen Turniers!

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